Generation Z trifft Generation X: Zwei AWO-Kolleginnen im Gespräch
JENNIFER ECKERT (links) ist Pflegedienstleitung in unserer Ambulanten Pflege Bad Kissingen und Jahrgang 1995. KATJA ECKERT (rechts) ist stellvertretende Pflegedienstleitung in unserem Seniorenzentrum Schwebheim und Jahrgang 1983. Wir haben mit ihnen ein spannendes Gespräch über die Generationen Z und X geführt: Wo liegen die Spannungsfelder? Wie sind die unterschiedlichen Ansichten? Wie wirken sich die Unterschiede auf den Alltag in der Pflege aus? Ein Ansatz zum Bewusstmachen und Reflektieren, um den Raum der Möglichkeiten zu erweitern.
Jennifer, ein viel diskutierter Punkt ist die fehlende LOYALITÄT der Generation Z und das geringe Pflichtbewusstsein und Engagement. Wie siehst du diese Problematik?
JENNIFER: Auch meine Generation ist loyal. Aber: Das Gegenüber muss sich diese Loyalität verdienen, sonst bekommt er sie nicht. Die Generation Z will ganz individuell behandelt werden und dass man auf ihre Wünsche und Bedürfnisse eingeht, auf ihre Persönlichkeit. Ich erwarte im ersten Moment nichts von ihnen. Nichts außer Motivation. Alles andere werden wir uns gemeinsam erarbeiten. Meine Azubis beispielsweise müssen nicht am Wochenende arbeiten.
Katja, wie siehst du das?
KATJA: Tatsächlich ein wenig anders. Ich finde, dass sich eben die jungen Menschen den Respekt der älteren verdienen müssen und erstmal zeigen müssen, dass sie bereit sind, etwas zu leisten, bevor sie Forderungen stellen. Ich finde, dass gewisse Dinge wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Motivation Grundvoraussetzungen sind, die die jungen Menschen mitbringen müssen. Vielleicht sind diese Ansprüche schon zu hoch – Aber was machen wir dann mit den Tätigkeiten, die nicht einer bestimmten Berufsgruppe zugeordnet werden? Auch diese müssen erledigt werden. Loyal heißt für mich, dass jeder für das Team da ist und sich selbst mal hinten dran stellt.
JENNIFER: Es geht darum, genau hinzuschauen, was jedem liegt und die Aufgabe so zu formulieren, dass es eine Challenge ist, dass man Lust bekommt, diese Aufgabe zu machen.
Was liegt Generation Z gar nicht und Generation X umso mehr?
KATJA: Die Generation X hat einen ganzheitlichen Blick und krempelt die Ärmel hoch: Wenn das Lager aufgeräumt werden muss, dann ist das halt so und wird gemacht. Die jüngeren machen das nur nach Aufforderung und lassen die Dinge auch mal halb erledigt liegen, weil die Zeit zu Ende ist.
JENNIFER: Ja, das muss ich zugeben, mit solchen Tätigkeiten ist die junge Generation nicht zu begeistern. Ihnen liegen mehr administrative Tätigkeiten, alles was digital und kreativ ist, wo sie sich entfalten können. Ihre Zeit ist ihnen heilig, vor allem die FREIZEIT. Auch ich setze mich für meine Arbeit ein, aber ich opfere mich auf gar keinen Fall dafür.
Und wie ist die WORK-LIFE-BALANCE bei Generation X?
KATJA: Ich denke wir sind leistungsorientiert erzogen worden und mit einem hohen Pflichtgefühl. Mein Privatleben richtet sich ganz klar nach meiner Arbeit. Für die X ist Familie wichtig, aber die Balance geht mal in Richtung Familie, mal in Richtung Arbeit. Ich weiß nicht, wie wir die Corona-Zeit OHNE diese Einstellung überlebt hätten. Auch jüngere springen ein, keine Frage. Aber sie lassen sich immer bitten und das ist nicht gerade teamfreundlich.
Fehlt dieses SELBSTVERSTÄNDNIS der Generation Z, Jennifer?
JENNIFER: Ja, tatsächlich. Ich finde auch, dass man deshalb nicht nachgeben und nicht nur die Älteren undankbare Aufgaben machen lassen sollte. Aber wir müssen uns umstellen. Es braucht eine andere Ansprache. Differenziert. Individuell. Meine Generation will gesehen und wahrgenommen werden. Wenn man eine Aufgabe gemeinsam macht, fühlen sie, dass sie dazugehören. Viel mehr als wenn sie eine Aufgabe alleine erledigen müssen.
Spielt die ART DER KOMMUNIKATION auch eine Rolle? Der Ton? Der Kanal?
JENNIFER: Ja, definitiv. Den forschen Ton der Älteren versteht die Generation Z nicht. Sie fühlen sich überrumpelt und angegriffen. Im besten Fall fühlen sie sich aber nicht angesprochen und machen die Aufgaben nicht oder nur halbherzig.
KATJA: Wir haben halt die Erwartung, dass die Arbeit getan werden muss und sind schon bei der Umsetzung. Die Mitarbeiter sehen es nicht ein, dass sie die jungen auch noch umwerben müssen. So entsteht der Eindruck, dass der Ton streng ist. Außerdem funktioniert mündliche Kommunikation eh nicht so gut. Die jüngeren brauchen alles schriftlich, erst dann klappt es besser mit den Aufgaben.
Liegt das an der DIGITALEN PRÄGUNG der Generation Z, Jennifer?
JENNIFER: Die Auffassungsgabe ist ganz anders geprägt – DIGITALER, aber auch nicht mehr so ganzheitlich. Wir müssen uns nicht mehr so viel merken, alles steht irgendwo geschrieben. Das Geschriebene gibt Sicherheit und Orientierung in der ARBEITSORGANISATION. Hier spielt auch mit, dass für die GenZ HIERARCHIEN relativiert werden. Meine Generation erkennt Hierarchien an, wenn sie sich selbst von den Führungsqualitäten überzeugt hat, nicht weil der Verband jemandem das Vertrauen für eine höhere Position geschenkt hat.
KATJA: Und für meine Generation sind Hierarchien gesetzt. Die Führungskraft hat das letzte Wort. Wir beziehen die Mitarbeitenden auf jeden Fall mit ein, aber am Ende des Tages entscheidet eine Führungskraft, wo es langgeht. Und sie kann erwarten, dass eine junge Fachkraft das umsetzt und sich selbst organisiert und Prioritäten setzt.
JENNIFER: Ich kann das verstehen. Ich kann nur sagen, dass sich die Generation Z mit diesem Stil allein gelassen fühlt und der entgegensetze Effekt eintritt: Statt Selbstbewusstsein zu entwickeln, ziehen sie sich zurück und werden irgendwann den Arbeitgeber wechseln.
Wie können sich die beiden GENERATIONEN NÄHER KOMMEN? Es strömen immer mehr Menschen der Generation Z auf den Arbeitsmarkt.
JENNIFER: Die ältere Generation muss auf die jüngere zugehen, wenn wir Konflikte vermeiden wollen. Generation X verstieft sich auf ihren Standard. Statt sich über die Jungen aufzuregen, wäre es besser, sie an die Hand zu nehmen, die Arbeit zu teilen, sie gemeinsam zu machen. Das gibt unserer Generation Sicherheit – dass wir gesehen und wahrgenommen werden. Das steckt hinter dieser vermeintlichen Verwöhntheit. Wir wollen als Mensch wahrgenommen werden und dazugehören.
KATJA: Ich finde wir sollten uns in der Mitte treffen. Ich verstehe, dass es Unterschiede gibt und ich sehe, warum die GenZ so geprägt ist, wo das herkommt. Aber ich finde, die jüngere Generation sollte versuchen, die Werte der Älteren zu verstehen. Es kann nur funktionieren, wenn wir aufeinander zugehen und gegenseitiges Verständnis aufbringen.