AWO sagt NEIN zu Gewalt an Frauen

Lokalpolitikerinnen und AWO-Vertreterinnen ließen sich live auf dem Marktplatz Zeichen von Gewalt ins Gesicht schminken. ">

Mit einer außergewöhnlichen Aktion hat das AWO Frauenhaus Würzburg in der Würzburger Innenstadt ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen gesetzt.

Acht Lokalpolitikerinnen und drei AWO-Vertreterinnen wurden von einer Künstlerin live vor Ort mit Zeichen der Gewalt wie blauen Augen, Hämatomen, Kratzern oder Würgezeichen geschminkt. „Mit der geplanten Performance wollen Veranstalter und Akteure auch in Würzburg Gewalt gegen Frauen sichtbar machen und die Anonymität der Opfer durchbrechen“, erklärt AWO-Frauenhausleiterin Brita Richl das Ziel der Aktion.

Die Aktion

Für ihre Idee konnte die AWO eine Künstlerin und ehemalige Frauenhausbewohnerin, Ghanna Dell, gewinnen. Sie hat live am Oberen Markt Lokalpolitikerinnen und Vertreterinnen der AWO mit Zeichen erlebter Gewalt professionell geschminkt. „Wir sind sehr überrascht und unglaublich dankbar, dass sich so viele Frauen aus dem politischen Leben Würzburgs bereit erklärt haben, diese Aktion zu unterstützen und sich in der Öffentlichkeit Zeichen der Gewalt ins Gesicht schminken lassen“, erklärt Stefana Körner, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit beim AWO Bezirksverband Unterfranken. Neben Bürgermeisterin Marion Schäfer-Blake und Sozialreferentin Hülya Düber beteiligten sich auch Dr. Christine Bötsch und Sabine Wolfinger (beide CSU), Barbara Lehrieder, Silke Trost (beide Bündnis 90/Grüne), Lore Becker-Koerber und Laura Wallner (beide SPD). Von der AWO waren Simone Schrenk, Assistentin der Geschäftsführung, Anna Rüthlein, Referentin im Bereich Kinder, Familie und Jugend und die Frau des Geschäftsführers, Ruth Ulses, dabei.

Durch Bilder, die im Vorfeld erstellt und in Originalgröße ausgedruckt wurden, konnte ein direkter Vorher-Nachher-Vergleich den unmittelbaren Unterschied zwischen „unversehrt“ und „verletzt“ für die Zuschauer sichtbar werden. Es wurde deutlich, dass nach dem Erleben von Gewalt nichts mehr so ist, wie es vorher war. „Gewalt macht stumm und sprachlos, Gewalt verändert das Leben der betroffenen Frauen entscheidend und hinterlässt Spuren“, berichtet Richl aus ihrer Erfahrung als Frauenhausleiterin. Aus diesem Grund war auch die Veranstaltung eine „stumme“ Aktion und endete mit einem Schlussbild der geschminkten Frauen. Mit der live Performance wollten die Veranstalterinnen und die mitwirkenden Frauen die  Verletzungen sichtbar machen, das Schweigen der Opfer durchbrechen und ihnen eine Stimme verleihen.

Künstlerin

Ghanna Dell ist Make-up Artistin und Europameisterin im Body painting. Für sie war von Anfang an klar, dass sie bei der Aktion mitwirken will und sich dabei auch als Betroffene outet. „Ich möchte dazu beitragen, dass gewaltbetroffene Frauen erfahren, dass es in ihrer Situation einen sicheren Ort und Hilfe gibt. Das war für mich und mein Kind das Wichtigste“, so die Künstlerin.

Der Hintergrund

In Deutschland ist jede dritte Frau von Gewalt betroffen, doch nur 13 Prozent dieser Frauen machen die Gewalt öffentlich und finden den Weg ins Hilfesystem. Hinzu kommt, dass nur jede zweite Betroffene in Bayern in einer akuten Gewaltsituation einen Frauenhausplatz bekommt, wie die Künstlerin Dell. Noch immer gibt es großen Handlungsbedarf im Unterstützungssystem für gewaltbetroffene Frauen, so auch das Fazit einer jüngst veröffentlichten Studie für Bayern („Studie zur Bedarfsermittlung zum Hilfesystem für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder in Bayern“, Institut für empirische Soziologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 2016).

Als ein zentrales Problem benennt auch Brita Richl die viel zu geringe Anzahl von Frauenhausplätzen in Bayern (derzeit 504). „Wir hatten alleine im Juli acht Anfragen, davon drei aus Krankenhäusern, eine von der Polizei. Zwei Frauen konnten wir aufnehmen, sechs Frauen mussten wir ablehnen. Zu diesem Zeitpunkt waren alle bayerischen Frauenhäuser voll belegt und so mussten wir nach Plätzen in anderen Bundesländern suchen.“ Laut Brita Richl ein zeitaufwändiges Unterfangen. „Da kommen alle Beteiligten in große Not, nicht nur die Opfer, sondern auch die unterstützenden Stellen“. Von daher sehen die AWO- Frauenhausmitarbeiterinnen ihre Aufgabe auch darin, sich bei der Platzsuche zu engagieren. Frauen und Kindern in akuten Gewaltsituationen keinen Frauenhausplatz bieten zu können, stelle für diese ein hohes Sicherheitsrisiko dar und ist in den Augen von Brita Richl und ihren Kolleginnen nicht zu verantworten.

Mit der Veranstaltung „AWO sagt NEIN zu Gewalt an Frauen“, will die AWO gemeinsam mit den Frauenhausmitarbeiterinnen und politischen Vertreterinnen der Stadt Würzburg auf die Lebenssituation gewaltbetroffener Frauen aufmerksam machen und sich für Verbesserungen im Hilfesystem engagieren.

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